Bautagebuch ehemaligen Druckereigebäude Walchner in Wangen im Allgäu

In der Sanierungspraxis der Denkmalpflege werden Anforderungen, Richtlinien und Empfehlungen für die Restaurierung historischer Gebäude und Ensembles vom Denkmalamt bereitgestellt. Diese Vorgaben basieren auf dem Ziel, die historische Integrität und den kulturellen Wert der zu sanierenden Gebäude zu bewahren, während gleichzeitig sicherzustellt ist, dass alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Typischerweise werden unter anderem spezifische Anforderungen an die Erhaltung einzelner Bauteile und Details gesetzt oder ganze Ensembles mehrere Gebäude unter Ensembleschutz gestellt. Die Vorlagen der Denkmalpflege dienen dazu, sicherzustellen, dass die Sanierung den höchsten Standards in Bezug auf Denkmalpflege und historischer Authentizität entsprechen und gleichzeitig die Schönheit und Einzigartigkeit denkmalgeschützter Gebäudes bewahren.

Im ehemaligen Druckereigebäude in Wangen im Allgäu sind unter anderem die Bleiverglasungen der Fenster im Turmanbau und in der der Loggia erhaltenswert und fallen unter den Ensembleschutz. Die Verwendung von Blei als Bindemittel für Glasstücke ist seit mindestens dem 1. Jahrhundert bekannt und seit dem Hochmittelalter sind Bleiverglasungen in Europa üblich. Zunächst nur in großen Kathedralen und als eines der wichtigsten Merkmale der Gotik angewandt, wurden ab dem Ende des Mittelalters auch einfachere Gebäude mit Glasmalereien und Bleiverglasungen als Schmuckelemente ausgestattet. Im 19. Jahrhundert erlebte die Bleiverglasung eine Renaissance, besonders im Kontext der viktorianischen Ära und der Neugotik. Sie wurden oft in Wohnhäusern, öffentlichen Gebäuden und Kirchen verbaut, um historische Stile zu imitieren und eine Atmosphäre des Reichtums und der Eleganz zu schaffen. Die Ursprünge des Gebäudes in Wangen gehen auf das Mittelalter zurück. Die vorhandenen Bleiverglasungen sind allerdings auf den Historismus Ende des 19.Jh zu datieren.

Zurückzuführen ist die Technik der Bleiverglasungen auf die Schwierigkeit, großes Flachglas herzustellen. Kleine Glasscheiben wurden mittels Bleiruten verbunden und gekittet, um größere Glasflächen zu erstellen. Der scheinbare Nachteil der kleinen, zusammengefügten Glasscherben entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer eigenen Kunstform. Der Denkmalschutz betrachtet Bleiverglasungen oft als Kunstwerke und identitätsstiftende Elemente und stuft sie als erhaltenswert ein.

Im Sanierungsprozess von Bleiverglasungen sind mehrere Aspekte zu beachten, darunter die Restaurierung der bestehenden Verglasung sowie die energetische Aufwertung der Fenster. Zuerst werden die vorhandenen Mörtelfugen und der Rahmen umlaufend freigelegt und das Fenster demontiert. Die Fensteröffnung wird mit einer temporären „Notverglasung“ verschlossen, um das Gebäude vor Wettereinflüssen zu schützen, und die Bleiverglasung wird zur weiteren Bearbeitung in die Werkstatt gebracht. Hier werden zerbrochene Gläser, Materialunreinheiten und unpassende Glaspartien ausgebrochen und fachmännisch ersetzt. Dabei werden die vorhandenen Bleinähte aufgebogen, um die zu ersetzenden Glasteile einzeln zu ersetzen oder zu ergänzen. Anschließend werden die neue Glasteile auf die richtige Größe zurechtgebrochen und neu eingesetzt. Zur Fixierung wird das Blei wieder heruntergebogen und das Glas eingekittet.

Um den energetischen Anforderungen sowie dem Schutz der Fenster vor Wettereinflüssen und Vandalismus gerecht zu werden, gibt es verschiedene Vorgehensweisen im Wiedereinbau der Bleiverglasungen in den Bestand. Zum einen können hinterlüftete Schutzverglasungen eingesetzt werden. Hierbei werden an Stelle der historischer Bleiverglasungen durchsichtige, neue Verglasungen eingesetzt, die die Bleiverglasungen ersetzen. Diese bestehen meist aus maschinengezogenem Verbundsicherheitsglas (VSG) und bieten Schutz nach außen. Im Abstand von 4 bis 5 cm wird dann die historische Farbverglasung hinterlüftet hinter der Schutzverglasung eingesetzt und neu gefasst. Diese Technik eignet sich vor allem bei Festverglasungen im Kalbereich.

Die Bleiverglasungen können alternativ in Isolierglas eingefasst werden und liegen so geschützt im Scheibenzwischenraum. So können Fensterrahmen in diesem Zuge mit ersetzt werden und die traditionelle Bleiverglasung bleibt erhalten.

In Wangen Steht das Areal unter Ensembleschutz, die Erhaltung der Bleiverglasungen gehören hier kategorisch zur Erhaltung der Fassaden. Im Kaltbereich im Turmanbau werden die Fenster mit einer hinterlüftete Schutzverglasungen nach der Restaurierung wieder eingesetzt. Im Bereich der Loggia mit höheren Ansprüchen an Wärmeschutz wird die historische Verglasung in Isolierglas eingefasst. So können mooderne Standards an Wärmeschutz- und Sonnenschutz mit den neuen/alten Fenster erfüllt werden.