Graue Energie
Bereits vor einiger Zeit haben wir über graue Energie, ihre Bedeutung und im speziellen über Möglichkeiten der Vermeidung berichtet.Vermieden werden kann graue Energie vor Allem durch ganzheitliches Planen und dem Denken in abfallfreien Kreisläufen. Im Bauprozess geschieht dies zum einen durch den Einsatz emissionsfreier, kreislauffähiger Baustoffe, den Einsatz erneuerbarer Energien und einer ressourcen-schonenden Bauweise.
„Verbietet das Bauen!“ fordert Wohnwendeökonom Daniel Fuhrhop in seinem gleichnamigen bereits 2018 erschienen Buch, welches wir in den kommenden Wochen genauer vorstellen werden. Wo Neubau nicht die einzige Lösung ist, sind kreative Lösungen von Nöten! Trotz des wachsenden Bewusstseins in der Bevölkerung bezüglich des Beitrags der Baubranche am Klimawandel lag die Sanierungsquote 2022 bei erschreckenden 1%, fiel 2023 auf 0,7% und auch 2024 wird ein weiteres Absinken prognostiziert. Die Bauwende ist also noch lange nicht geschafft und das Ziel der EU, die Emissionen um mindestens 55 % zu senken, liegt noch in weiter Ferne.
Wertschätzung und Abriss
Die Wertschätzung für den Gebäudebestand ist bei weitem nicht so hoch, wie sie sein könnte. Was bewirkt, dass historische Gebäude oftmals im Abriss enden. Zwar gibt es zahlreiche Bürger:innen, die sich mit viel Initiative für den Erhalt von für sie wichtigen Orten aussprechen, doch werden Entscheidungen über deren Verbleib letztlich anderweitig getroffen. Hier ist es Aufgabe der Politik, Anreize für Kommunen und Gebäudeeigentümer:innen zu schaffen, um Sanierungen und Revitalisierungen zu fördern.
Bundesstiftung Baukultur
Ein wichtiger Schritt, um diese Debatte anzustoßen, war der durch die Bundesstiftung Baukultur eingeführte Begriff der „Goldenen Energie“ im zweijährlich erscheinenden Baukulturbericht „Neue Umbaukultur“ 2022/23″, der kostenfrei auf der Homepage der Stiftung zu erhalten ist. Denn im Bestand steckt weit mehr als Graue Energie! Laut der Bundesstiftung Baukultur sind auch immaterielle & kulturelle Werte in Bestandsgebäuden gebunden, die es verdient haben, erhalten und weiterentwickelt zu werden:
„Jeder Ort und jedes Gebäude haben ihre eigene Geschichte, die mit den Biografien der Menschen verwoben ist, die dort gewohnt, gearbeitet, gelernt, geliebt, gespielt, gefeiert haben. Eine neue Umbaukultur trägt diese Biografien und Geschichten weiter und reichert sie mit neuen an. Das Bauwerk selbst hat oft aus seiner Zeit heraus Spezifika, die Impulse für eine spannende, zeitgenössische Gestaltsprache geben. Diesen kulturellen, sozialen, atmosphärischen, emotionalen und gestalterischen Mehrwert der Bestandsentwicklung bezeichnet die Bundesstiftung Baukultur als goldene Energie“.
Anstatt also die Erhaltungswürdigkeit eines Gebäudes ausschließlich durch ökonomische Faktoren zu messen, sollten in die Beurteilung auch anthropologische, immaterielle & kulturelle Werte miteinbezogen werden, da die über die Zeit belebten Gebäude im städtebaulichen & kulturellen Kontext starke Identifikationspotenziale besitzen, die sich im Falle eines Abrisses nicht wiederaufbauen lassen.
OrangeListe.com
Auch wir wollen unseren Teil zur Stärkung des Bewusstseins im Umgang mit Gebautem beitragen. Im Rahmen unserer Kampagne OrangeListe.com setzen wir Uns dafür ein, Abriss und Leerstand entgegenzuwirken, Potentiale sichtbar zu machen und erhaltenswerte Architektur zu retten.
Deshalb rufen wir die Bürgerschaft dazu auf, Objekte einzureichen und gemeinschaftlich mit unseren Partnern Rettungsperspektiven zu eröffnen. Denn in bestehenden Strukturen ruht ein unschätzbarer Wert an gebauter Geschichte, die kurz davor steht, für immer zu verschwinden. Häuser, die im Alltag für viele unsichtbar sind, bilden blinde Flecke im Stadtbild. Sie bergen ungenutzte Potentiale für Lebensorte und tragen ein Erbe, das wir bewahren wollen.
Kennen auch Sie ein erhaltenswertes Gebäude? Jetzt eintragen auf www.orangeliste.com.