Nachhaltige Ressourcennutzung und Kreislaufökonomie im Bestand

Nachhaltigkeit im Bauwesen und Ressourcennutzung
Nachhaltige Rohstoffe und Kreislaufdenken sind in aller Munde, aber was passiert mit den Ressourcen, die als Bauschutt und Abfall im Bauprozess entstehen oder bereits vor Ort vorhanden sind? Wir wissen, dass laut Umweltbundesamt mehr als 70 Prozent aller abgebauten Rohstoffe in Deutschland auf die Bauindustrie zurückführbar sind. Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung fallen jährlich in der Bau- und Abbruchabfällen etwa 230 Mio. Tonnen Abfall an, das entspricht 55 % des deutschen Abfallaufkommens. Wie gehen wir also mit den im Teilrückbau unvermeidbaren zurückgebauten Baustoffen um und welche Strategien können wir anwenden, um möglichst ganzheitlich und nachhaltig mit diesen ungenutzten Ressourcen umzugehen?

Eine Herausforderung für nachhaltiges Bauen
Wenn wir über Ressourcenverbrauch sprechen, wird nicht nur der Umgang mit Baustoffen im Neubau diskutiert, sondern auch wie mit Ressourcen umgegangen werden soll, die sich bereits im Baukreislauf befinden. Ein möglichst ganzheitlicher Umgang im Bauwesen mit Ressourcen bedeutet hierbei auch bereits bei der Planung die Weiterverwendungen von bestehenden Baustoffen aus dem Bestand oder Abriss mitzudenken. Hierbei ist nicht nur die Wiederverwendung von Baustoffen und Baumaterialien im eigenen Projekt, sondern auch die Weiterverwendung von Rohstoffen in anderen Projekten zu prüfen.

Strategien zur Ressourcennutzung
Es gibt verschiedenste Ressourcen, die im Zusammenhang mit der Sanierung entstehen und über dessen Umgang individuell entschieden werden muss. Hierzu zählen zum einen Einbauten, wie zum Beispiel  Küchen, Sanitäranlagen, Lampen oder andere Einrichtungsgegenstände, aber auch Türen und Fenster. Baumaterialien wie Böden, Dielen oder Steine aus dem Boden einer alten Scheune haben zwar durchaus oft schon viele Jahre Verwendung gefunden und müssen im Bauprozess ersetzt werden, haben aber lang noch nicht das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Auch ganze Gebäudeteile wie zum Beispiel Wände, Fassadenelemente oder Betonplatten können mit vorrausschauender Planung gerettet und an andere Projekte weitervermittelt werden.

Es gibt diverse Strategien, wie im Planungsprozess mit dem Thema rund um Abbruchmaterialien umgegangen werden kann. Hierbei ist je nach Projekt und Situation abzuwägen, welche Strategien anzuwenden sind. Begriffe wie „Recycling“, „Upcycling“, „Downcycling“, „Reuse“, „Reduce“ und „Repair“ werden oft gleichgesetzt, sind aber durchaus unterschiedliche Ansätze.

Recycling ist im Allgemeinen das meist verbreitete Wort für die stoffliche Verwertung, bezieht sich allerdings auf den Prozess, sekundäre Materialien zu sammeln und dann entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufzubereiten. Hierbei ist das Ziel Abfall zu reduzieren, die Umweltbelastung zu verringern und natürlich den Einsatz neuer Ressourcen zu reduzieren. Beim Upcycling werden durch kreative Weiterverwendung Materialien und Stoffe in ein Produkt mit höherem Wert umgewandelt. Das könnten zum Beispiel Holzdielen aus dem Bestand sein, welche mit Hilfe eines Schreiners zu einem Möbelstück umgewandelt werden. Oft ist das Re-  oder Upcycling nicht möglich, da zum Beispiel die Trennung verschiedener Materialien nicht möglich ist. Bei der weiteren Verwertung dieser Materialien spricht man von Downcycling. Bei diesen stofflichen Verwertung werden die Baustoffe und Baumaterialien in ein Produkt von minderer Qualität oder Wert umgewandelt. Dies führt oft dazu, dass das Material nicht nochmal recycelt werden kann. Ein Beispiel aus der Praxis wäre die Verwendung von Bauschutt zur Befüllung von Gruben oder dem Straßenbau.

Diese Strategien können durch Reuse (Wiederverwertung), Reduce (Reduzieren) und Repair (Reparieren) erweitert werden. Bei der Wiederverwertung werden Baustoffe und Baumaterialien in ihrem aktuellen Zustand weiter genutzt, um deren Lebensdauer durch mehrfache Nutzung zu erweitern. So können zum Beispiel Lampen ausgebaut und an anderer Stelle, ohne Qualitätsverlust, wieder eingebaut werden. Das Reduzieren bezieht sich auf die Reduzierung von Ressourcen im Allgemeinen. Durch genaue Planung können neu eingesetzte Baustoffe und Materialien gemindert werden und durch effiziente Nutzung und bewussten Konsum werden Ressourcen geschont. Das Reparieren ist der Prozess, defekte oder beschädigte Gegenstände oder Bauelemente zu reparieren, anstatt diese wegzuwerfen. So wird auch hier die Lebensdauer und Funktionsweise verlängert und Abfall reduziert.

Ein Schlüsselpunkt zum Anwenden aller, oben genannten, Strategien ist immer die frühzeitige Eingliederung dieser in den Planungsprozess. Nur so können maximal viele Baumaterialien und Bauobjekte gerettet werden. Die Erstellung eines Rückbaukonzeptes rettet nicht nur Ressourcen, sondern kann auch Kostenersparnisse mit sich bringen. So können beim Erstellen des Bestandsraumbuchs und der Bestandsbesichtigung vor Projektbeginn Baustoffe und Baumaterialien mit aufgenommen und kategorisiert werden, um diese dann weiterverwenden zu können.

Praktische Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategien
Die Umsetzung der Strategien liegt auch im Aufgabenbereich der Planenden und Projektleitenden. Das Organisieren von Trödelmärkten macht es einfach, lose Gegenstände wie Einrichtungsgegenstände zu verkaufen. Das Anbieten von Einbauten über Online-Plattformen wie zum Beispiel E-Bay Kleinanzeigen ist auch für größere, lose Baumaterialien eine einfache Möglichkeit. Zusätzlich gibt es diverse Baustoffdatenbanken, die sich auf den Vertrieb von gebrauchten Baustoffen und Baumaterialien spezialisieren. Hierbei können nicht nur Einrichtungsgegenstände, sondern auch Baumaterialien bis hin zu Statischen Teilen wie zum Beispiel Balken, die im Zuge eines Teilabrisses ausgebaut werden, vermittelt werden. Hierzu gehören bauteilnetz.de, restado.de oder auch concular.de, die Deutschlandweit agieren. Oft gibt es auch lokale Baustoffdatenbanken, welche sich auf die regionale Rettung und Vermittlung von Baustoffen spezialisieren. Gerade im Bereich der historischen Baustoffe gibt es hier ein breites Netzwerk in Deutschland. Alternativ können auch direkt Schreiner, Zimmermannsbetriebe oder andere Fachbetriebe kontaktiert werden, um einzelne Elemente aus dem Bestand anzubieten, sollten sie nicht im eigenen Projekt Wiederverwendung finden.

Praxisbeispiel: Das Adler-Areal
Im Adler-Areal hat DenkMalNachhaltig bereits einige der genannten Strategien erfolgreich angewandt. Wir handhaben die historischen Bestandsgebäude respektvoll und haben im Rahmen der Bestandsaufnahme präzise festgelegt, welche Bauteile wir bewahren und welche für eine effizientere Raumnutzung entfernt werden müssen. Ein Beispiel dafür sind die Dielen in den Obergeschossen des Hauses A, die wir ausbauen mussten. Das historische Gasthaus von 1604 hatte einen kaltes, nicht ausgebautes Dachgeschoss, welches im Zuge der Sanierung zu Wohnraum umgenutzt wird und so neue Böden benötigt. Die Dielen, die 1604 verbaut worden sind, müssen in diesem Zuge entfernt werden, das Holz ist allerdings in einwandfreiem Zustand. Wir haben hierfür einige, sich auf historische Baumaterialien spezialisierte Schreiner in der näheren Umgebung kontaktiert, welche die Dielen ausbauen werden, um sie in anderen Projekten einzusetzen. Zusätzlich werden in Haus D, der ehemaligen Scheune, die historischen Böden Aufgearbeitet anstatt komplett neue Böden einzuziehen, so wird der Charm der Scheune erhalten und Ressourcen geschont.

Abschließend kann gesagt werden, dass es zahlreiche nachhaltige Möglichkeiten gibt, um mit Baumaterialien aus dem Bestand umzugehen, wobei die zuvor genannten lediglich einige Beispiele darstellen. Es ist ratsam von Beginn der Planung verschiedenen Strategien mitzudenken um Kosten zu minimieren und Ressourcen bestmöglich zu nutzten. Unser Ansatz bei DMN beinhaltet eine ganzheitliche Herangehensweise an unsere Bauprojekte, einschließlich eines bewussten und nachhaltigen Umgangs mit den vorhandenen Ressourcen.